
Unternehmen wünschen sich eine motivierte und leistungsstarke Mannschaft. Führungskräfte wollen engagierte Mitarbeiter, die ihre Ziele erreichen oder gar übertreffen. Doch wie entsteht Motivation? Und wie schafft man es, diese langfristig zu erhalten? Und vor allem: Ist Motivation durch die Führungskraft, also von außen, überhaupt möglich? Oder kann eine Führungskraft höchstens Demotivation verhindern?
Diese Fragen werden im folgenden Beitrag beantwortet. Auch wenn es schon viele theoretische Modelle, empirische Umfragen und gesammelte Ideen dazu gibt, bleibt Mitarbeitermotivation ein viel diskutiertes und durchaus umstrittenes Thema in der Arbeitswelt. Zahlreiche Studien haben versucht, den Einfluss von Führungskräften auf die Motivation ihrer Mitarbeiter zu ergründen. Während einige Führungskräfte glauben, Motivation aktiv beeinflussen zu können, und viele Führungsseminare uns dies auch glauben machen wollen, argumentieren Arbeitspsychologen, dass echte Motivation immer intrinsisch sein muss.
Intrinsische vs. extrinsische Motivation
Motivation lässt sich grundsätzlich in zwei Kategorien einteilen:
- Intrinsische Motivation entsteht, wenn ich etwas um der Handlung willen tue. Diese Form der Motivation kommt in der Regel aus dem Inneren einer Person heraus. Menschen sind dann besonders motiviert, wenn sie sich frei und selbstbestimmt fühlen und die Handlung als sinnvoll empfinden. Sie identifizieren sich mit den Zielen und erleben daher Freude an ihrer Tätigkeit.
- Extrinsische Motivation entsteht durch externe Anreize wie finanzielle Belohnungen, Lob oder Druck. Die Belohnungen oder Bestrafungen können also sowohl materiell (Cash 💰) oder immateriell sein (z.B. Anerkennung). Hier handeln Menschen um des Ziels willen. Die Handlung selbst wird also nebensächlich.
Ein Beispiel:
Wenn ich joggen gehe, weil ich abnehmen und endlich wieder in mein Kleid passen will, das ich unbedingt auf einer Party tragen möchte, dann ist das eine extrinsische Motivation. Sobald die Party vorbei ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich das Laufen wieder aufgebe, da der Grund dafür entfallen ist.
Wenn ich dagegen joggen gehe, weil ich es genieße, mich nach der Arbeit auszupowern, um den See vor der Haustür zu laufen, die frische Luft zu genießen, meinem Köper und meiner Seele etwas Gutes zu tun, dann ist es intrinsisch motiviert.
Das erste Beispiel zeigt, dass extrinsische Motivation keine dritte Person benötigt. Auch wenn sie mit Anreizen von außen verstärkt werden kann. Ich hätte hier alternativ zum Joggen auch Seilspringen können, weniger essen oder zum Fettabsaugen gehen. Die Handlung ist austauschbar. Das Ziel ist entscheidend.
Deshalb kann diese Art der Motivation zwar kurzfristig die Leistung steigern, sie bietet jedoch einen abnehmenden Grenznutzen. Wenn meine Führungskraft mich das erste Mal für meine kreative Präsentation lobt, finde ich das fantastisch! Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd. Vor allem, weil gerade diese Führungskraft es bisher recht schwäbisch gehandhabt hat: „Net gschimpft is globt gnug.“ Lobt sie mich das nächste Mal, finde ich das immer noch Spitze! Wenn sie mich das dritte Mal lobt, freue ich mich noch, aber das Lächeln vergeht auch schnell wieder im Alltagstrubel. Du merkst, wo das hinführt? Irgendwann ist das Lob einfach nur selbstverständlich.
Doch damit nicht genug – es wird noch schlimmer! Während ich die erste Präsentation kreativ gestaltet habe, weil es mir so viel Freude bereitete, endlich einmal meine fantasiereiche Ader in der Buchhaltung ausleben zu können, so habe ich mir das zweite Mal gestalterisch besonders viel Mühe gegeben, weil ich wusste, dass es dem Chef beim letzten Mal so gut gefallen hat. Um die Geschichte abzukürzen: irgendwann gebe ich mir bei den Präsentationen nur noch Mühe, um die Anerkennung vom Chef zu bekommen – und die Eigenmotivation ist verpufft.
Damit hat die extrinsische Motivation nicht nur einen abnehmenden Grenznutzen, sondern sie birgt auch das Risiko, die intrinsische Motivation zu untergraben – insbesondere bei kreativen oder komplexen Aufgaben.
Motivation und Selbstbestimmung
Eine Studie von Baard, Deci & Ryan zeigte 2004, dass Mitarbeiter zufriedener und produktiver waren, wenn sie autonom agieren konnten, sich kompetent fühlten und soziale Unterstützung bekamen. Menschen sind dann besonders motiviert, wenn sie drei psychologische Grundbedürfnisse erfüllt sehen:
- Autonomie: Das Gefühl, Kontrolle über die eigene Arbeit zu haben.
- Kompetenz: Die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu erwerben und sich weiterzuentwickeln.
- Soziale Eingebundenheit: Das Erleben von Zugehörigkeit und wertschätzenden Beziehungen.
Wenn diese drei Bedürfnisse erfüllt sind, fühlen wir uns innerlich angetrieben (intrinsische Motivation). Fehlen sie, fühlen wir uns eher gezwungen oder fremdgesteuert, was die Motivation verringert (extrinsische Motivation).
Ein Beispiel aus dem Arbeitsalltag:
Stell dir vor, Anna arbeitet in einem Unternehmen und bekommt die Möglichkeit, ein eigenes Projekt zu leiten.
Autonomie: Sie darf selbst entscheiden, wie sie das Projekt umsetzt, welche Methoden sie nutzt und wie sie ihre Zeit einteilt. Das gibt ihr das Gefühl, Kontrolle über ihre Arbeit zu haben.
Kompetenz: Während des Projekts lernt sie inhaltlich und methodisch dazu, übernimmt Verantwortung für die Leitung des Projekts und merkt, dass sie sich weiterentwickelt. Das steigert ihre Motivation.
Soziale Eingebundenheit: Sie arbeitet mit einem unterstützenden Team zusammen, das ihre Ideen wertschätzt und ihr Feedback gibt. Sie fühlt sich als wichtiger Teil der Gruppe.
Da all diese Bedürfnisse erfüllt sind, ist Anna motiviert, engagiert und zufrieden mit ihrer Arbeit. Fehlt eines dieser Elemente – zum Beispiel, wenn sie keine Entscheidungsfreiheit hat oder sich isoliert fühlt – kann ihre Motivation sinken.
Demotivation verhindern
Nun weißt Du, das intrinsische Motivation nachhaltiger und stärker wirkt. Das Problem: Führungskräfte haben nicht die direkte Kontrolle über die intrinsische Motivation ihrer Mitarbeiter. Deshalb sollte jedoch nicht nur verzweifelt auf extrinsische Anreize zurückgegriffen werden.

Durch ihren Führungsstil und ihre Vorbildwirkung können Führungskräfte viel zur nachhaltigen Motivation ihrer Mitarbeiter beitragen. Und vor allem können sie Rahmenbedingungen schaffen, die eine hohe Eigenmotivation ermöglichen.
Doch Achtung: Das heißt nicht, dass Führungskräfte keine finanziellen Anreize mehr bieten sollten. Diese sind durchaus wichtig, denn sie verhindern zumindest die Demotivation der Mitarbeiter – auch wenn sie die Motivation nicht nachhaltig steigern.
Das Verhindern der Mitarbeiter-Unzufriedenheit hat Frederick Herzberg in seiner Zwei-Faktoren-Theorie untersucht. Eine spannende Erkenntnis daraus ist, dass die „Motivatoren“, die Zufriedenheit und Motivation steigern, unabhängig von den sogenannten „Hygienefaktoren“ sind, die Unzufriedenheit und Demotivation verhindern.
Was jedoch bei Herzberg nicht untersucht wurde, ist, wie diese Art der Motivation langfristig und nachhaltig wirkt. Deshalb kategorisiert er beispielsweise auch „Anerkennung“ als Motivator.
So kann eine Führungskraft Mitarbeiter nachhaltig motivieren
„Motiviere Deine Mitarbeiter“ wird vielen Führungskräften mit auf den Weg gegeben. Auch wenn Du nach den vorausgegangen Zeilen denkst, das geht nicht, kannst Du doch eine Menge zur Motivation und Leistungsfähigkeit beitragen. Der Schlüssel liegt vor allem in der Schaffung der richtigen Rahmenbedingungen, Deiner eigenen Haltung und dem daraus resultierenden Verhalten.
Wie das konkret gelingt? Hier ein paar Tipps:
1. Autonomie fördern
Gib Deinen Mitarbeitern Verantwortung und Entscheidungsfreiheit und fördere so ihre Autonomie. Die Motivation steigt, wenn Menschen das Gefühl der Kontrolle über ihre Arbeit haben. Lass sie also wo immer möglich wählen, wie sie eine Aufgabe ausführen. Oder wann sie dies tun. Ganz entsprechend ihrer Vorlieben.
2. Weiterentwicklung ermöglichen
Unterstütze Deine Mitarbeiter bei der Entwicklung neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Lernmöglichkeiten und Weiterbildungen sind essenziell für Motivation. Menschen, die sich weiterentwickeln können, sind engagierter. Regelmäßiges Feedback und die Anerkennung von Fortschritten tragen ebenfalls dazu bei. Ebenso wie das Einfordern von Ideen und den offenen Diskurs über ihre Vorschläge. Biete Entwicklungsmöglichkeiten sowohl innerhalb der Tätigkeit als auch darüber hinaus, um so möglichst gut die vorhandenen Kompetenzen herauszufinden, einzusetzen und zu fördern.
3. Sinnhaftigkeit vermitteln
Wenn Mitarbeiter den Beitrag ihrer Arbeit zum Gesamterfolg des Unternehmens verstehen, arbeiten sie engagierter. Transparente Kommunikation darüber, wie ihre Aufgaben zur Unternehmensvision beitragen, steigert das Engagement. Schaffe also Klarheit über die Ziele, den Beitrag Deines Teams zu den Zielen und verfolge diese konsequent.
4. Wohlbefinden fördern
Eine gesunde Arbeitsumgebung, in der soziale Beziehungen gefördert und psychologische Sicherheit gewährleistet werden, steigert die Motivation nachhaltig. Das bedeutet auch, schädliche Stressoren zu reduzieren und ein positives Arbeitsklima zu schaffen. Sorge dafür, dass Gefährdungen bei der Arbeit vermieden werden und fördere aktiv eine Umgebung, die gut tut. Räume beispielsweise Zeit und Raum für unternehmensinternes Netzwerken ein, damit Mitarbeiter am Arbeitsplatz gute, stabile Beziehungen aufbauen. Wohlbefinden ist immer ein Dreiklang aus Sozialem, Mentalem und Körperlichem.
5. Achte auf Dich
Durch eine gesunde und verantwortungsvolle Selbstführung achtest Du auf Deinen eigenen Energiehaushalt. Das ist notwendig, um sowohl den Mitarbeitern für langfristige Leistungsfähigkeit ein Vorbild zu sein, als auch um Deine Führungsaufgaben wahrzunehmen. So bleibst Du fokussiert, hörst aufmerksam zu, triffst kluge Entscheidungen und findest kreative Lösungen. Deine Eigenmotiviation ist Ansporn für Dein gesamtes Umfeld.

Du bist nicht allein
Führungskräfte müssen nicht allein für die Schaffung eines motivierenden Arbeitsumfelds sorgen. Coaching und Organisationsentwicklung können maßgeblich dazu beitragen, die Motivation langfristig zu steigern und Rahmenbedingungen leistungsförderlich zu gestalten.
Individuelles Coaching unterstützt Führungskräfte dabei, ihre eigene Rolle besser zu reflektieren und ein authentisches Verhalten zu entwickeln, durch dass sie Haltung zeigen können.
Team-Coaching kann den Zusammenhalt und die psychologische Sicherheit im Team verbessern sowie Klarheit über gemeinsame Ziele schaffen, was sich ebenfalls positiv auf die nachhaltige Motivation auswirkt.
Organisationsentwicklung kann darüber hinaus grundlegende strukturelle Hindernisse abbauen, die Motivation und Produktivität in Unternehmen hemmen.
Durch gezielte Maßnahmen wie die Einführung agiler Arbeitsweisen, flexibler Strukturen und partizipativer Entscheidungsprozesse wird die Autonomie der Mitarbeiter gefördert und gestärkt.
Ein bewusster Kulturwandel hin zu mehr Wertschätzung und einer offenen Feedback- und Lernkultur kann langfristig das Engagement der Mitarbeiter erhöhen.
Motivation ist kein einfacher Schalter
Mein Fazit: Führungskräfte können Motivation nicht direkt erzeugen, aber sie können die Rahmenbedingungen schaffen, in denen Mitarbeiter ihre eigene Motivation entfalten.
Dazu gehörst auch Du als Führungskraft! Wer Autonomie, Entwicklungsmöglichkeiten und Sinn vermittelt, schafft ein Umfeld, in dem Mitarbeiter langfristig engagiert und leistungsfähig bleiben.
Coaching und Organisationsentwicklung sind dabei entscheidende Hebel, um diesen Prozess zu beschleunigen und nachhaltig zu gestalten.
Deine Ines